Heilmittelwerbegesetz

Das Heilmittelwerbegesetz

Gesund und schön durch Handauflegen? Solche Angebote sind keine Seltenheit. Insbesondere für esoterische Heil- oder Gesundheitsprodukte wird oft mit Aussagen geworben, die den Eindruck erwecken, ein Arztbesuch sei überflüssig. Den meisten Menschen fehlt ausreichendes Fachwissen, um die gewagten Behauptungen der Branche und die Risiken dieser Behandlungen richtig einzuordnen oder gar medizinische Zusammenhänge zu beurteilen. Viele Patienten begegnen solchen Behauptungen nicht mit der gebotenen Skepsis.

Die  Regeln für geschäftliche Kommunikation im Gesundheitsbereich hat der Gesetzgeber bewusst so gefasst, dass bestimmte Werbeaussagen und  Werbeformen von vornherein gegenüber Patienten untersagt sind. Wer auf diese verbotenen Werbeaussagen hereinfällt und sich bei ernsten Krankheiten selbst therapiert, ohne einen Arzt aufzusuchen, geht ein Risiko für die eigene Gesundheit ein. Außerdem riskieren viele auch die Gesundheit ihrer Kinder, wenn sie deren Krankheiten nach eigenem Gutdünken behandeln. Die Werbung für Arzneien und Behandlungen unterliegt daher dem Heilmittelwerbegesetz (HWG). Ziel des HWG ist es, Werbung zu unterbinden, die die Patienten zur Selbsttherapie verleiten kann.
Auf was bezieht sich das Heilmittelwerbegesetz?

Das HWG bezieht sich auf alle sinnvollen oder unsinnigen Produkte, die zum Behandeln von Krankheiten eingesetzt werden. Auch das Werben für Diagnose-Verfahren, Vorsorge, Therapie oder Linderung von Krankheiten oder behandlungsbedürftigen Zuständen fällt unter das HWG.

 

Das HWG bezieht sich auf:
Arzneimittel
Beispiel: Aspirin
→ Von dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenes Mittel zum biochemischen Beeinflussen körperlicher Funktionen

Medizinprodukte
Beispiel: Röntgengerät, Spirale, künstliches Hüftgelenk
→ Instrumente, Apparate, bestimmte Software

Behandlungen
Beispiel: Brust-Korrektur, Gesprächstherapie, BOTOX
→ Verfahren zur Linderung oder Heilung von Leiden

Neben den vorgenannten seriösen Beispielen gilt das HWG auch für pseudowissenschaftliche oder esoterische Behandlungen, wie Ohrkerzentherapie, Reiki, Klangschalen oder „heilende Steine“ etc.

Sofern für diese Produkte außerhalb sogenannter Fachkreise geworben wird, muss sich die Werbung nach dem HWG richten.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Angehörige der heilberuflichen Fachkreise über genug Fachwissen verfügen, um die Werbung und das Produkt kritisch zu beurteilen.

 

Was sind „Fachkreise“?
Zu den Fachkreisen gehören:
– Angehörige der Heilberufe oder des Heilgewerbes (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker)
– Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen (Krankenhäuser)
– P
ersonen, die Arzneimittel, Medizinprodukte oder Behandlungen erlaubterweise verkaufen oder sie in ihrem Beruf verwenden (Apotheker, Krankenpfleger, Physiotherapeuten)

Unsere Aktion
Viele esoterische und pseudowissenschaftliche Leistungen werden nicht über Arztpraxen oder Apotheken vertrieben, sondern zum Beispiel als vermeintliche Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine oder wirksame Gegenstände („heilende Steine“). Dementsprechend versuchen viele Anbieter, den Verbraucher direkt zu kontaktieren und für das Produkt bzw. die Leistung zu werben.
Im Wettstreit um das Vertrauen der Kunden überschreiten viele esoterische Anbieter dabei die Grenzen des HWG. Dadurch entsteht oft der Eindruck, dass spirituelle Heiler oder esoterische Produkte Dinge leisten könnten, die die Wissenschaft und die wissenschaftlichen Medizin nicht vermag. Durch Anzahl und Vielfalt solcher Angebote etabliert sich der irrtümliche Glaube, dass dies ein erfolgversprechender Weg zu Heilung und Genesung sei.
Daher will die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) zusammen mit dem Deutschen Konsumentenbund Verstößen verstärkt nachgehen.
Hinweise können jederzeit an hwg@skeptiker-hamburg.de geschickt werden. Wir prüfen alle Hinweise und werden gegen Verstöße nach Möglichkeit juristisch vorgehen. Auf jeden Fall helfen uns alle Hinweise bei unserer Aufklärungsarbeit über aktuelle Esoterik-Trends.

 

Was ist ein Verstoß?
Hier findet Ihr einige Beispiele, wie Anbieter gegen das HWG verstoßen könnten:

  •     Es wird etwas angeboten und fälschlicherweise beim Kunden der Eindruck erweckt, der Erfolg wäre garantiert, oder es wird eine Geld-zurück-Garantie geboten (§ 3 Nr. 2a HWG).
  •     Eine Werbung erweckt den Eindruck, es ginge um neutrale Information und nicht um das Bewerben eines Produktes (§ 3 Nr. 2c HWG).
  •     Es werden irreführende oder falsche Angaben über die Zusammensetzung eines Produktes gemacht (§ 3 Nr. 3a HWG).
  •     Die Werbung enthält Zeugnisse oder Gutachten, ohne dass dazu weitere Informationen zu finden sind (Name, Wohnort und Beruf des Gutachters, Datum der Ausstellung). Solch eine Information ist nicht transparent (§ 6 Nr. 1 HWG).
  •     Für ein Produkt wird mit Studien oder Artikeln geworben, die sich gar nicht auf das Produkt beziehen, oder es wird nicht klar, ob es wirklich um dieses Produkt geht. Auch hier müssen Name des Verfassers, Zeitpunkt der Veröffentlichung und Fundstelle genannt werden (§ 6 Nr. 2 HWG).
  •   Fachliteratur wird in der Werbung nicht wortgetreu zitiert (§ 6 Nr. 3 HWG).
  •     Es wird für Fernheilung geworben. Weder Ferndiagnose noch Ferntherapie darf angepriesen werden (§ 9 HWG).
  •     Für ein Mittel, ein Produkt oder eine Dienstleistung wird mit dem Autoritätsargument geworben. Zum Beispiel: „Der renommierte Prof. Dr. Dr. Müller schwört auf die Tablette XY.“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG).
  •     Die Werbung enthält abstoßende oder irreführende Fallbeispiele, die durch ausführliche Beschreibung zur falschen Selbstdiagnose verleiten (§11 Abs. 1 Nr. 3 HWG).
  •     Die Werbung enthält Bilder, die abstoßend wirken, weil sie krankhaft veränderte Körper(teile) zeigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG).
  •     Der Kunde wird mit Danksagungen, Empfehlungs- oder Anerkennungsschreiben gelockt, die abstoßend, missbräuchlich oder irreführend sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG).
  •     Es wird für Mittel, Produkte oder Behandlungen geworben, die folgende Krankheiten lindern, therapieren oder auch nur erkennen: (§ 12 Abs. 2 HWG)HIV, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken oder andere meldepflichtigen Krankheiten;
    Krebs;
    Suchtkrankheiten (zulässig aber: Werben für Raucherentwöhnung);
    Krankhafte Schwangerschafts- oder Entbindungskomplikationen.

Die hier aufgeführten Punkte sind alltagssprachliche Übersetzungen der Gesetzestexte und dienen ausschließlich dazu, einen ersten Eindruck über die Gesetzeslage zu vermitteln.

Mitmachen!
Sollte Euch Werbung auffallen, von der Ihr glaubt, dass sie gesetzeswidrig ist, schickt einen Link oder einen anderweitigen Hinweis auf die Seite oder das Produkt an:
hwg@gwup.org